Emigration und Immigration als Ideologie und Politik

Der zionistische Nationalstaat ist unter historischen Vorzeichen und Bedingungen entstanden, die ihn zum geschichtlichen Präzedenzfall werden lassen: Er ist der einzige moderne Staat, der als solcher konzipiert wurde, ehe das Territorium, auf dem er errichtet werden sollte, im Besitz seiner künftiger Bürger war, und ehe die Gesellschaft, die dieses Territorium bevölkern sollte, als ein sich selbstbestimmendes Kollektivsubjekt bestand. Die »Negation der Diaspora« und die Schaffung des »Neuen Juden« waren daher zwei Zentralpostulate des klassischen Zionismus, die von Anbeginn mit einer politisch wie juristisch formulierte Ideologie der Einwanderung (von Juden) nach Israel einherging. Das konstitutive Moment dieser Ideologie für Israels demographische Gestaltung, aber auch für die Formierung ihrer Klassenstruktur, mithin ihrer sozialen und ethnischen Spannungen, sollen im Vortrag erörtert und im Hinblick auf die massive Einwanderung von Bürgern der ehemaligen Sowjetunion im letzten Jahrzehnt ideologiekritisch untersucht werden.