Stadtguerilla und Klassenkampf - revised
1971 trug eine der ersten programmatischen Schriften der RAF den Titel "Stadtguerilla und Klassenkampf". Im Verlauf der nächsten Jahre wurde diese Verbindung zwar noch postuliert und einige Aktionen versuchten entsprechend anzusetzen, aber sie verschwand aus dem Focus der RAF, der Bewegung 2. Juni oder der Revolutionären Zellen. In ihrer durchaus unterschiedlichen Theorie und Praxis spielten Klassenkampf und Klassen eine immer geringere Rolle. Mitte der 70er Jahre gab es im Ruhrgebiet noch einen Versuch, in der Folge der wilden Streiks 1969 und des Fordstreiks 1973 eine operaistische Fabrikguerilla zu entwickeln. Auch dieser Versuch kam über Ansätze nie hinaus und ist so gut wie unbekannt geblieben. Warum sind von allen Stadtguerillagruppen die Klassenkampfbezüge de facto aufgegeben worden? Welche theoretischen Konzepte und Neubestimmungen militanter Strategie lagen dieser Entwicklung zugrunde oder war es "nur" eine wenig reflektierte, taktische Entscheidungen und Sachzwängen geschuldete Zufälligkeit, die diesen Bezug verschwinden ließ? Angesichts des verschärften Klassenkampfes von oben drängt sich die Frage auf, was aus der Geschichte einer "bewaffneten Avantgarde" wie der RAF oder einer Fabrikguerilla, beziehungsweise einer "interventionistischen Militanz" der RZ, in Relation zum Klassenkampf heute noch zu lernen sein könnte. Ist es die Geschichte eines endgültigen und vorhersehbaren Scheiterns, weil Stadtguerilla und Klassenkampf nicht zu einem produktiven Verhältnis kommen können, oder werden kommende soziale Kämpfe diese Frage erneut auf die Tagesordnung setzen?