Über das Dilemma sozialrevolutionärer Gewalt

„Eine Revolution ist ein Unglück, aber ein noch größeres Unglück ist eine verunglückte Revolution.“ (H. Heine)

Im 20. Jahrhundert galt es unter den meisten Linken als eine Selbstverständlichkeit, dass die Umwälzung der herrschenden Verhältnisse ein gewaltsamer Prozess sein müsse. Sozialrevolutionäre Gewalt sei das notwendige Mittel der Emanzipation, der endgültigen Abschaffung der Gewalt. Angefangen bei der Geiselerschießung der Pariser Kommune, über den Thermidor der Russischen Revolution und den Spanischen Bürgerkrieg bis hin zum Widerstand gegen Nationalsozialismus und Faschismus wurde die Revolution vor allem als militärischer Akt verstanden. Die nationalen Befreiungskämpfe der Dekolonisation haben diese Tendenz noch verstärkt. Wurde dabei nur die Rache der Ausgebeuteten kanalisiert, wie es Robespierre, Danton und Trotzki behaupteten und wurden lediglich sozialrevolutionäre Errungenschaften verteidigt? Oder begann die Gewalt sich zu verselbständigen und hat in ihrer Dynamik die Emanzipation zerstört? Die Logik des Krieges prägte zusehends den Revolutionsgedanken, und die Militarisierung der Politik verwandelte den Aktivisten in einen Kombattanten. Wir verfolgen die Genese dieser Entwicklung bei Marx, Engels und Lenin und an den Beispielen der Russischen und der Algerischen Revolution, ohne aber die Unterschiede zwischen reaktionärer und sozialrevolutionärer Gewalt zu verwischen.