Die Flucht aus dem Territorium

Argentinien gehörte vor 50 Jahren noch zu den wohlhabenden Gesellschaften. So war es auch ein bevorzugtes Ziel für arme Auswanderer und Flüchtlinge aus Europa und der ganzen Welt. In den sechziger und siebziger Jahren erlebte das südamerikanische Land eine Abfolge von zugespitzten Klassenkonflikten. Die letzte Diktatur (1973-1983) war hierbei besonders brutal und legte den demokratischen Wohlfahrtsstaat in Trümmer. Bis heute hat sich das Land davon nicht erholt. Kulturell zehren so immer mehr ArgentinierInnen von den Reichtümern längst vergangener Tage, der einst breite Mittelstand ist stetig im Abstieg begriffen. Und natürlich haben sich andere dabei in den letzten Jahren eine goldene Nase verdient. Ökonomen schätzen, dass das im Ausland liegende Fluchtgeld argentinischer Eliten etwa mit der Summe der gesamten Auslandsschuld zu verrechnen wäre (ca. 150 Milliarden US-Dollar). Während sich die Marginalisierten des argentinischen Modells in neuen Bewegungen wie den Piqueteros formieren, ruht die Hoffnung der institutionellen Linken auf dem jetzigen Staatschef Nestor Kirchner. Aber im Angesicht der argentinischen Krise auf die Instrumente des Nationalstaats zu vertrauen, fällt schwer. Dementsprechend schwankt die Linke zwischen staatsinterventionistischen Modellen und neuen utopischen Entwürfen einer autonomen Organisierung wie sie etwa auch Toni Negri in Empire skizziert.