Lenins Staat und Revolution Theorie und Praxis der Russischen Revolution
Im Sommer 1917, zwischen der Februar- und der Oktoberrevolution, verfasste Lenin seine legendäre Broschüre „Staat und Revolution“. Auf den ersten Blick verblüfft das dort formulierte Programm: Lenins zentrale Forderung ist, dass die Staatsmacht nicht erobert, sondern dass sie zerschlagen werden muss. Und die „Diktatur des Proletariats“, die in einer Übergangszeit die Feinde der Revolution niederhalten soll, wird nicht als Diktatur der Partei, sondern eine Diktatur der bewaffneten Räte entworfen. Angesichts der weiteren Entwicklung der Sowjetunion nach der Revolution muten die in „Staat und Revolution“ propagierten Ziele seltsam an. Der Vortrag stellt sich deshalb einige Fragen: Handelt es sich einfach um eine zynische Propagandaschrift, deren Programmatik nur so lange Bestand haben sollte, wie die Bolschewiki noch in der Minderheit waren? Oder zerschellten ernst gemeinte, hehre Ideale zwangsläufig an der Bürgerkriegssituation nach dem Oktober? Oder enthüllt uns gar eine genaue Lektüre, dass „Staat und Revolution“ keineswegs im Widerspruch zur späteren stalinistischen Praxis stand?