Welche Kunst hätte Herbert Marcuse gefallen?
Bildende Kunst nach Auschwitz
»Ohne Unterschied des Geschlechts und der Geburt, unbeschadet ihrer Stellung im Produktionsprozeß haben sich die Individuen den kulturellen Werten zu unterwerfen. Sie haben sie in ihr Leben aufzunehmen, ihr Dasein von ihnen durchdringen und verklären zu lassen.« schreibt Herbert Marcuse in seinem Aufsatz Über den affirmativen Charakter der Kultur. Da bereits in den dreißiger Jahren geschrieben, bemerkte Marcuse dazu: »Dass all dies vor Auschwitz geschrieben wurde, trennt es so tief von der Gegenwart. Was an ihm richtig war, ist seither nicht falsch geworden, aber vergangener.« Der Vortrag untersucht, inwieweit die zeitgenössische Bildende Kunst der damaligen Aussage Marcuses - Die Kultur (gemeint ist die affirmative) soll die Sorge für den Glücksanspruch der Individuen übernehmen - nachkommt oder eben gerade nicht. Eine zentrale Figur dabei ist Joseph Beuys, dessen Auffassung von Kunst ganz wesentlich mit einer glückhaften, freiheitlichen Erfüllung im Jetzt zu tun hat. Ob dieser erweiterte Kunstbegriff sich affirmativ wendet oder der Begriff der »affirmativen Kultur« für die heutige Bildende Kunst überhaupt noch greift, wird zu untersuchen sein. Möglicherweise wird eine l'art pour l'art der Jetztzeit, eine Kunst, die außerhalb ihrer selbst keinen Zweck sucht diesem Determinismus, so er noch besteht, am ehesten entkommen. »Was Kunst nicht ist: - sie ist nicht ein Mittel, die Welt zu erlösen. Sie ist ein Verhalten in einer Welt, die unerlöst ist ... allerdings ein kühnes Verhalten: ein produktives Bewusstsein gegenüber der Sinnlosigkeit der Welt« (Max Frisch).