Geschichte nach Auschwitz (2002)
Heute scheint es undenkbar, dass je wieder eine Revolution Geschichhte machen könnte. Der Gedanke, dass es qualitative Umbrüche von Gesellschaftsordnungen geben könnte, die auf eine Befreiung des Menschen gerichtet wären, scheint obsolet zu sein. Es gibt nur noch Geschichte und einen Boom der Erinnerung an sie, und man hat nichts zu erwarten als die technizistische Vervollkommnung der Gegenwart, der sich allein hässliche Rückgriffe auf nationalpartikulare, ethnische oder religiöse, rigide und geschlossene Gemeinschaftsformen entgegenzustellen scheinen. Was heißt das für eine Gesellschaftstheorie, welche die Gesellschaft als Ganzes kritisiert, und deren Hoffnung sich nach wir vor auf eine radikale Umwälzung richtet, die also hoffnungslos anachronistisch erscheinen muss? Kann kritische Gesellschaftstheorie noch etwas mit den Begriffen Revolution und Geschichte anfangen, nachdem die Alternative Sozialismus oder Barbarei im Nationalsozialismus entschieden worden ist? Wenn die Geschichte eine Abfolge von Katastrophen ist, die in Auschwitz ihren vorläufigen Kulminationspunkt erreicht hat, kann dann aus der Vergangenheit ein Maßstab gewonnen werden, der auf eine bessere Zukunft wiese?
Aus dem Inhalt
jour fixe initiative berlin Einleitung Geschichte nach Auschwitz
Alexander Ruoff und Elfriede Müller: Interpreten des Grauens Geschichte und Verbrechen im französischen roman noir
Enzo Traverso: Sozialismus nach Auschwitz Bemerkungen zum politischen Gebrauch der Erinnerung Aus dem Französischen von Elfriede Müller
Zeev Sternhell: Von der Aufklärung zum Faschismus und Nazismus Reflexionen zum Schicksal der politischen Ideen im 20. Jahrhundert Aus dem was? von wem?
Bernhard Jensen: Exil und Remigration im philosophischen Diskurs nach Auschwitz
Michael T. Koltan: Die Editionsgeschichte der »Feuerbach-Manuskripte«
Helmut Dahmer: Regression einer kritischen Theorie Schicksale der »Psychoanalytischen Bewegung«
Frank Winter: Architektur und Geschichtsbewusstsein Versuch über den neuen Potsdamer Platz in Berlin
Mark Siemons: Berliner Passagen
Ute Gerhard: Das symbolische Modell der zerstreuten Masse Entwürfe einer etwas anderen Geschichte bei Benjamin und Kracauer