Queer werden

Das Begehren nach einer ganz anderen Welt ist dem queeren Verlangen nicht äußerlich, sondern immanent. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Queer selbst ist immer schon utopisch, ein Noch-nicht. Was in der Gegenwart ist, sind Gesten und Affekte, die das Begehren für einen kurzen Moment auf etwas anderes hin öffnen mögen, als das, was ist. Mit anderen Worten: Das Begehren ist die Möglichkeit des Utopischen im Jetzt. Die Möglichkeit des queeren Begehrens scheint dabei stets unter der Bedingung ihrer Unmöglichkeit auf: der Sexualität. Mit Sexualität ist hier der Name für einen Apparat gemeint, durch den die affektive und somatische Bindung der Subjekte an bestimmte Normen von Körper, Geschlecht und Begehren geregelt wird. Queer wäre der Ort, von dem aus sich nicht nur einige dieser Bindungen destabilisieren ließen, sondern ein Begehren möglich würde, der Sexualität als Ganzer zu entkommen. Von hier aus wird auch erkenntlich, was das utopische Denken von dem queeren Verlangen lernen kann: Das ganz Andere zu denken bedarf der Kunst, die Macht nicht zu begehren.