Das historische Subjekt im "Clash of Civilizations"
Seit dem Ende des Kalten Krieges wird das Paradigma der Bipolarität der beiden großen politisch-ideologischen und sozioökonomischen Systeme in den kollektiven Vorstellungen und Diskursen von "Experten" durch das Paradigma des "clash of civilisations" ersetzt. Ein Paradigma, das auf die Differenz der "Kulturen" und der "Werte" verweist. Diese zugespitzte Form einer idealistischen Geschichtsauffassung karikiert Begriffe, die Autoren wie Hegel oder Max Weber bereits verwendeten. Sie dient dazu, aktuelle Konflikte zu entpolitisieren, indem sie die westlichen Regierungen der politischen Verantwortung enthebt und diese stattdessen in die vermeintliche Identität der betroffenen Bevölkerungen verlagert. Der Vortrag untersucht die These des "clash of civilisations", ihren politischen und ideologischen Gebrauch, sowie die kulturellen Erklärungen der aktuellen Konflikte und fragt auf einer allgemeineren Ebene nach der Möglichkeit der Menschen, historische Subjekte zu werden. Die Gegenthese, die entwickelt wird, geht davon aus, dass die Zivilisation und die Barbarei spezifische Modalitäten eines historischen Prozesses darstellen, der in letzter Instanz die sozialen Klassen und die Frage von Herrschaft betrifft.